Selbstgewählte Leiden

Es gibt Menschen die tatsächlich davon überzeugt sind, stets den richtigen Zeitpunkt für einen Ein- oder Ausstieg an der Börse zu erkennen. Das sind die Typen, die vorgeben, Blumen oder Gras wachsen zu hören. Das ist leider viel zu schön, um wahr zu sein. Wenn dem so wäre, dann würden auf der Welt nur noch sehr reiche Aktionäre leben. Dem ist nicht so. Bleiben wir in der Realität. Entscheidend ist nicht, ob Sie das Gras wachsen hören. Das Wichtigste ist, dass Sie zu jeder Zeit an der Börse investiert sind. Solange die Kurse stetig steigen, ist es leicht, diese Situation zu genießen. Sie auszuhalten, wenn die Börse nur noch abwärts geht, um ein Vielfaches schwieriger. In solchen Momenten schmeißen die Zittrigen das Handtuch, um zu retten, was aus ihrer Meinung noch zu retten ist. Dieses Verhalten bringt sie, wie unendlich viele Studien belegen, um sehr viel Geld. Ich nenne es: Das Phänomen selbstgewählter Leiden.

Das muss nicht sein.

Wenn Sie z. B. 100 Euro auf ein Sparbuch einzahlen, wird dieser Betrag zum Nennwert direkt gutgeschrieben. Auf Ihrem Kontoauszug stehen sichtbar 100 Euro. Bei einem Fonds wird Ihre Zahlung von 100 Euro nicht direkt gutgeschrieben, sondern in Anteilspunkte umgerechnet. Sie kaufen keine einzelnen Aktien, sondern Anteile eines Aktienfonds, der über diese Aktien verfügt. Wenn z. B. ein Aktienfonds in den DAX investiert, dann erhalten Sie für 100 Euro Anteile an den DAX – vereinfacht ausgedrückt. Damit das jederzeit möglich ist, wird Ihre Zahlung von 100 Euro in Anteile umgerechnet. Dadurch ist es möglich, dass Sie anteilig an Aktien investiert sind, die teurer als 100 Euro sind.

Wie sich eine Einzahlung bei unterschiedlichen Kursen entwickelt, zeigt die nachstehende Tabelle:

Kaufdatum Preis pro Fondsanteil 100 Euro Anlagebetrag Das kosten zwei Anteile
Januar 50 Euro 2,000 Anteile 100 Euro
Februar 45 Euro 2,222 Anteile 90 Euro
März 40 Euro 2,500 Anteile 80 Euro
April 60 Euro 1,666 Anteile 120 Euro
Mai 30 Euro 3,333 Anteile 60 Euro
Juni 80 Euro 1,250 Anteile 160 Euro
….
Gesamt 12,971 Anteile 12,00 Anteile
Preis je Anteil 46,26 Euro 51,00 Euro

 

In dieser Tabelle habe ich unterstellt, dass ein Sparer monatlich 100 Euro einzahlt. Liegt der Wert des Fondsanteils bei 50 Euro, erhält er zwei Anteile. Sinkt dieser Kurs, wie zum Beispiel im Februar, erhält er dafür 2,222 Anteile, steigt er dagegen wie im Juni, erhält er entsprechend weniger, nämlich nur 1,250 Anteile. Das ist der so genannte „Cost Average-Effekt“. Ein Sparer, der immer denselben Betrag investiert, profitiert somit von den Kursschwankungen. Er erhält mehr Anteile, wenn der Anteilspreis fällt und weniger Anteile, wenn der Preis gestiegen ist. So haben Börsenkorrekturen durchaus ihr Gutes, vorausgeschickt, dass am Ende der Sparzeit die Aktienkurse höher stehen als im Durchschnitt der Sparphase.

Ein Beispiel

Angenommen, Sie wollen am 1. Juli des Jahres sämtliche Anteile verkaufen, dann müssen Sie auf den aktuellen Tageskurs achten. Angenommen der Wert eines Fondsanteils liegt bei 85 Euro. Diesen Betrag multiplizieren Sie mit Ihren Gesamtanteilen: 12,971 Punkte x 85 Euro = 1.102,54 Euro. Obwohl Sie nur 600 Euro (lt. vorheriger Tabelle) eingezahlt haben, erhalten Sie nach dieser Rechnung mehr als 1.100 Euro zurück. Hier sehen Sie also den wesentlichen Unterschied zu Ihrem Sparbuch. Denn hätten Sie die 600 Euro dort eingezahlt, wären mit Zins und Zinseszins nur rund 606 Euro gespart! Dieser Vergleich hinkt ein wenig, denn wenn der Kurs am Verkaufstag niedriger liegt, erhalten Sie natürlich weniger aus dem Fonds ausbezahlt, als die 1.102,54 Euro. Das ist der eigentliche Nachteil eines Fonds. Doch belegen zahlreiche Studien, dass Schwankungen kaum ins Gewicht fallen, wenn Anleger über einen langen bis sehr langen Zeitraum sparen.

Insbesondere dann, wenn Sie auf die Kosten achten.

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